15. SONNTAG im Jahreskreis

Wie sind wir zum Glauben gekommen? Warum sind wir Christen? Die Antwort ist für die meisten unter uns ganz einfach: Wir sind in einer christlichen, katholischen Familie aufgewachsen. Wären wir woanders geboren, hätten wir höchstwahrscheinlich auch eine andere Religion. Von Klein auf waren wir bei christlichen Bräuchen und Gewohnheiten miteinbezogen.

Besonders die Älteren unter uns werden sich daran erinnern, wie der christliche Glaube - besonders in den 40er und 50er Jahren - das ganze Leben geprägt hat. Der Alltag war geordnet durch Morgen- und Abendgebete, durch Gebete vor und nach dem Essen, durch den Freitag als Fasttag mit Speisegesetzen, durch den Besuch der Sonntagsmesse, ergänzt oft durch den Besuch einer Andacht am Nachmittag oder Abend, der Andacht im Mai oder der Rosenkranzandacht im Oktober. Es gab Nüchternheitsgesetze vor dem Kommunionempfang. Das Jahr war stark geordnet durch die kirchlichen Hochfeste und Marienfeste und die Fastenzeit; der Namenstag wurde gefeiert, nicht der Geburtstag. Es gab verschiedene Prozessionen und Wallfahrten. Das ganze Leben war auch strukturiert durch die Sakramente: von der Taufe bis zur „letzten Ölung“ als Krankensalbung bzw. Sterbesakrament. Daneben die Segnung der Kinder vor dem Einschlafen oder vor dem Schulweg. Segnung von Trauringen, Glocken, Häusern, Autos usw. .... alles sichtbare Zeichen einer inneren Überzeugung, das ganze Leben mit Gott zu verbinden. An Gott glauben war eine Selbstverständlichkeit. Das ganze Leben war christlich. Wann, wo, wodurch wird das heute noch ersichtlich?

Jesus sandte seine Freunde aus, damit sie - wie er - mit den Menschen über Gott reden. Wann tun wir das noch, auch im engsten Familien- und Freundeskreis? Es ist, als ob wir heutzutage eine Art Scheu haben, über unseren persönlichen Glauben an Gott zu reden. Wir reden oft viel leichter über Politik, die privaten Krankheiten, persönliche Hobbys, über interne Familienangelegenheiten.... als über den eigenen Glauben, unser persönliches Beten, über die Art, wie wir Gottesdienste erleben... „Glauben ist Privatsache“ hört man dann. Wer so etwas sagt, meint mit Glauben vielleicht nur die eigene Überzeugung, ein Glauben an bestimmte „Glaubenswahrheiten“. Die gehören dazu, aber christlicher Glaube ist grundsätzlich eine Lebensweise im Sinne von Jesus. Das wird spürbar in unserem Umgang miteinander, wie wir unser Leben gestalten. In diesem Sinne ist Glauben nicht nur ein privates, sondern auch ein gesellschaftliches Geschehen. Glauben gestaltet Zusammenleben, Gesellschaft. Nicht indem wir dauernd über Gott und über Jesus reden, aber indem wir so leben, dass Menschen uns danach fragen.

Wir sind beauftragt in unserer unmittelbaren Umgebung eine Atmosphäre zu schaffen, in der etwas von Gottes Liebe und Güte erfahrbar werden. Dadurch dämmen wir ein, bekämpfen wir die negativen und bösen Kräfte in unserer Umgebung (in biblischer Sprache: Dämonen vertreiben). Wir haben eine Sendung, eine Aufgabe, einen Auftrag zu erfüllen: unsere konkrete Umwelt etwas heiler zu machen, das heißt am Aufbau des Reiches Gottes hier und jetzt mitzuarbeiten. Wir sind Mitarbeiter Gottes.

Jesus sendet seine Freunde, seine Mitarbeiter, aus! Sie waren Fischer und Handwerker. Sie hatten nicht Theologie studiert, hatten keine pastorale Ausbildung. Sie waren einfach von Jesus begeistert, fasziniert. Sie hatten ein tiefes Vertrauen zu Jesus gewonnen. Wir alle sind von ihm berufen und wir alle können in unseren Tätigkeiten und mit all unseren persönlichen Eigenheiten seine Botschaft von Gott verkünden.

Wir sind von Jesus gesandt, beauftragt, unseren Glauben an ihn und an Gott zur Sprache zu bringen. Nicht um anderen etwas aufzuzwingen oder um sie zu belehren. Wir sollen andere teilhaben lassen an unseren Erfahrungen, die wir mit unserem Glauben machen: Was mir das gibt, was das für mein Leben bedeutet. So erfülle ich meinen Auftrag als Christ.

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